Sicherheit im Ingenieurwesen: So verhindern unsere Spezialistinnen und Spezialisten Extremszenarios

Fachplanende müssen vieles berücksichtigen, um im Ernstfall Menschenleben und Sachwerte zu schützen. Worauf sie in der Planung achten und wie sie ihren Bereich erleben, erzählen vier Gruner Mitarbeitende aus Generalplanung, Brandschutz, Wasserbau und Baustellensicherheit hier.

Brandschutz

Manuel Eisele, Abteilungsleiter Brandschutz: «Wir sind eine Brandschutzkrake, die ihre Tentakel überall hat»

Im Vordergrund jedes Brandschutzprojekts steht in erster Linie die Personensicherheit und damit die Entfluchtung des Gebäudes. Das bedeutet, wie können Personen im Brandfall rechtzeitig das Gebäude verlassen? Wie viele Treppenhäuser werden benötigt? Wie weit ist es bis dahin? «Das sind einige Beispiele, worauf wir achten, wenn wir als allererstes den Entwurf vom Architekturbüro erhalten», sagt Manuel Eisele, Abteilungsleiter Brandschutz Nordwestschweiz bei Gruner. Dies geschieht möglichst früh in der Planung, damit in der Konzeption und Ästhetik dafür eine ideale Lösung gefunden werden kann. Über die verschiedenen Planungsphasen hinweg steht der Brandschutz mit vielen Parteien im Kontakt: «Wir sind eigentlich eine Brandschutzkrake, denn wir haben unsere Tentakel überall», sagt Eisele. Das Ziel sei es, eine ideale Lösung für alle zu finden, so etwa für die Bauherrschaft, Teilgewerkplanende und die Behörden. «Kommunikation zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist hierbei essenziell», erklärt Eisele seine Formel zum Erfolg. Von Vorteil sei es ausserdem, wenn man sich in den verschiedenen Fachbereichen grundlegend auskennt. So könne man sich in die verschiedenen Anspruchsgruppen besser hineinversetzen, was wiederrum auf eine positive Kommunikation einzahlt. Aufgrund der Zunahme von komplexen und bestehenden Bauten sind vermehrt innovative und kreative Lösungen gefragt. Denn nicht immer können die geplanten Fluchtwege oder die Personenbelegung den offiziellen Normen entsprechen. «Rechnerische Nachweise können hier eine Lösung sein», sagt Eisele. Mittels Simulationen berechnet sein Team dabei, ob beispielsweise bei längeren Fluchtwegen oder einer höheren Personenbelegungen trotzdem alle Personen im Brandfall das Gebäude rechtzeitig verlassen können. 2026 werden neue VKF-Brandschutzvorschriften publiziert. «Mit den neuen Vorschriften werden solche risikobasierten Ansätze vermehrt gefordert». Für Eisele ist klar: «Brandschutz ist in der Baubranche fest verankert und wird allein wegen der Personensicherheit immer eine zentrale Rolle einnehmen».

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Baustellensicherheit

Andrea Ley, Spezialistin für Arbeits- und Baustellensicherheit: «Baustellen sind nicht wie aus einem Bilderbuch»

Gemäss SUVA ereignen sich in der Schweiz pro Jahr über 50'000 Unfälle auf Baustellen, weit über 1'000 davon haben Arbeitsausfälle von über drei Monaten zur Folge. Um die Sicherheit auf Baustellen zu gewährleisten, ist deshalb eine frühzeitige Planung von geeigneten Massnahmen wichtig. «Das muss nicht zwangsläufig viel Kosten oder Aufwand bedeuten», sagt Andrea Ley, Expertin für Baustellen- und Arbeitssicherheit bei Gruner. Grundlegend für die Beurteilung der zu treffenden Sicherheitsmassnahmen sind die individuellen Umstände auf der Baustelle: «Baustellen sind nicht wie aus einem Bilderbuch». Feste Lagerflächen und ein klare Arbeitskoordination zwischen den verschiedenen involvierten Gewerken könnten in der Planung beispielsweise noch mehr berücksichtigt werden. «Das sind einfache Handlungsinstrumente, um häufige Unfälle zu vermeiden». Denn alle Beteiligten seien sich darüber im Klaren, dort wo Unordnung und Chaos herrsche, sei auch das Risiko für Unfälle deutlich höher. Aus Planungssicht müsse man dabei einen Mittelweg zwischen einzuhaltenden Richtlinien und «gesundem Menschenverstand» finden. Der steigende Kosten- und Zeitdruck in der Branche fordern Leys Arbeit zunehmend heraus. Schöne Projektbeispiele hingegen beweisen, dass es sich lohnt, in Sicherheit zu investieren. «Ein erfolgreiches Projekt ist es für mich dann, wenn ich die Leute im Prozess mitnehmen konnte». Mit einem neuen Gruner Schulungsangebot zu Arbeits- und Baustellensicherheit macht sie das ab Herbst 2024 auch für Externe.

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Sicherheit für Unternehmen, Infrastruktur und Grossveranstaltungen

Stephan Gundel, Experte Sicherheit für Unternehmen, Infrastruktur und Grossveranstaltungen: «Die Menschen sind sich heute den Gefahren viel eher bewusst»

Die Loveparade Duisberg 2010, 9/11 oder der Anschlag auf das Bataclan in Paris: Solch schwere Ereignisse prägten jeweils ein neues Zeitalter in der Risikowahrnehmung und etablierten eine neue Reihe an Sicherheitsstandards. «Die Menschen sind sich heute den Gefahren viel eher bewusst», sagt Stephan Gundel, Sicherheitsexperte für Unternehmen, Infrastruktur und Grossveranstaltungen bei Gruner. Er führt dies auf die zunehmende Unsicherheit in der Welt aufgrund vieler Konflikte, die direkte mediale Berichterstattung über sicherheitsrelevante Ereignisse und den gestiegenen Wohlstand in Westeuropa zurück. «Im Gegensatz zu früher haben die Leute viel mehr zu verlieren. Das führt dazu, dass sie Risiken anders wahrnehmen und auch eher bereit sind, in Sicherheitsmassnahmen zu investieren.» In der Planungsphase eines Projekts ginge es zuerst darum, die Randbedingungen abzuklären: Welche Gefahren drohen im Einzelfall und welche Schutzziele möchte der Kunde erreichen? Darauf aufbauend werden Sicherheitsmassnahmen entwickelt und umgesetzt. Diese basieren entweder auf Schweizer oder ausländischen Richtlinien und Regelwerken und, falls es noch keine normative Grundlage gibt, auf wissenschaftlichen Quellen oder Erfahrungsberichten. Nebst technischem Knowhow sind rechtliche, organisationswissenschaftliche und psychologische Kenntnisse nötig. «Es ist eigentlich eine Querschnittsfunktion, in der neben einer soliden Ausbildung auch viel Erfahrung notwendig ist», sagt Gundel. Besonders wichtig ist es, zu jeder Zeit verhältnismässig und praktikabel zu planen. Oberstes Credo: «Wir kommunizieren Grundlagen, Massnahmen und Restrisiken sauber und transparent, damit alle Projektinvolvierten vom Gleichen reden». Insbesondere Themen wie Unternehmensspionage und Informationsschutz liegen angesichts der aktuellen geopolitischen Lage im Trend. Daneben wird künftig die Bedeutung um die Technologisierung, Stichwort Künstliche Intelligenz, und die Verbindung physischer und virtueller Risiken zunehmen. «Früher mussten Kriminelle beispielsweise einen Tatort lange observieren, heute erhalten sie die nötigen Informationen durch offene Quellen im Internet und allenfalls noch gezieltes Hacking». Das macht die Planung komplexer, bietet aber zeitgleich auch mehr Möglichkeiten. Denn auch die Sicherheitstechnik wird immer autonomer und selbständiger, zum Beispiel durch Drohnen im Bereich der Areal- und Infrastrukturüberwachung.

Literaturtipp

Stephan Gundel veröffentlichte kürzlich eine Neuauflage seines Buchs «Unternehmenssicherheit – Ein Handbuch für Wirtschaft und Behörden». Dieses ist ab sofort im Richard Boorberg Verlag erhältlich. Es stellt eine unverzichtbare Lektüre für alle dar, die sich mit den komplexen Anforderungen der Unternehmenssicherheit auseinandersetzen und ihre Organisationen sicher durch unsichere Zeiten führen möchten.

Wasserbau

Michael Aggeler, Abteilungsleiter Wasser: «Bei der Festlegung der massgebenden Gefährdungsszenarien spielt die Erfahrung und der gesunde Menschenverstand eine wichtige Rolle»

1987 war das Jahr, das den Hochwasserschutz in der Schweiz prägte. Seit einem massiven schweizweiten Unwetter wurden Überlastszenarien beachtet und seit 1999 werden detaillierte Gefahrenkarten erstellt. Diese Karten, welche auch von Gruner aufgesetzt werden, zeigen die Gefährdung auf, so dass differenzierte Massnahmen getroffen werden können. Ab Juni 2025 tritt voraussichtlich ein revidiertes Wasserbaugesetz in Kraft. Aufgrund der fortschreitenden Siedlungsentwicklung und des Klimawandels wird der Hochwasserschutz neu beurteilt – insbesondere werden dem durch Starkregen verursachten Oberflächenabfluss sowie der Wirtschaftlichkeit der Massnahmen mehr Bedeutung zugemessen. «Zentral ist die Kenntnis der Prozesse und die Definition der Gefährdungsszenarien. Am Ende zählt jedoch der gesunde Menschenverstand, da viele Prozesse genau berechnet, die Input-Parameter aber oft nur geschätzt und aus Erfahrungen festgelegt werden können», sagt Michael Aggeler, Abteilungsleiter Wasserbau am Standort Oberwil BL. In einem Projekt setzt er sich zuerst mit den hydrologischen und planerischen Grundlagen auseinander, das heisst beispielsweise, wie sieht die Grundwassersituation vor Ort aus, welche Altlasten gibt es oder mit wie viel Wasser ist im Falle eines Hochwassers zu rechnen. Letzteres stellt sich mitunter als herausfordernd heraus, denn nicht für alle Gewässer liegen statistische Grundlagenwerte vor. Dieser Herausforderung wird vielfach mit Sensitivitätsanalysen begegnet. Später in der Planung und Realisierung sieht er die Herausforderung vor allem in der Landbeschaffung: «Nicht alle Eigentümer sind bereit, ihr Land für den Hochwasserschutz – obwohl zur Sicherheit aller – zur Verfügung zu stellen». Im Wasserbau wird mit verschiedensten Massnahmen projektiert und gearbeitet: Unter anderem wird mittels Gerinneverbreiterungen, Sohlabsenkungen (Absenken des Flussbetts) oder Dämmen das Wasser durchgeleitet, mit Hochwasserentlastungsstollen umgeleitet oder mit sogenannten Hochwasserrückhaltebecken, wie es der Name verlauten lässt, das Wasser zurückgehalten. Auch Geschiebe und Schwemmholz gefährden die Umgebung, indem sie bei Engstellen wie Brücken den Abfluss blockieren können. Schwemmholzrechen können hier eine Massnahme sein, um Holz zu Beginn des Siedlungsgebiets zurückzuhalten. Neben dem fachlichen Know-how legen Aggeler und sein Team grossen Wert auf den ständigen Dialog mit Behörden, Versicherungen und direkt Betroffenen. Dieser Austausch ist entscheidend für den nachhaltigen Erfolg ihrer Projekte.

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